Heizregion der Sonnenkorona erstmals direkt beobachtet

Forscherteam am Max-Planck-Institut für Aeronomie entdeckt einen der "Öfen", die die Korona der Sonne auf mehr als eine Million Grad aufheizen

13. Oktober 2003

Die äußere Atmosphäre der Sonne, die bei Sonnenfinsternissen als leuchtende Hülle oder Krone sichtbar wird und daher als Korona bezeichnet wird, besteht aus über eine Million Grad heißem Gas. Bisher gab es verschiedene Theorien, wie es zu einer derartigen Aufheizung der Sonnenatmosphäre kommen kann. Ein möglicher Prozess ist dabei die Heizung an elektrischen Stromschichten, doch bisher war es nicht möglich, solche Stromschichten in der Sonne sichtbar zu machen. Jetzt haben Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Aeronomie mit einer neu entwickelten Beobachtungsmethode zum ersten Mal eine elektrische Stromschicht in der Sonne nachgewiesen und einen ersten Blick auf einen der "Öfen" geworfen, in denen die Korona geheizt wird (Nature, 16. Oktober 2003).

Die gleißend helle Sonne ist an ihrer Oberfläche 5.600 Grad Celsius heiß. Auch wenn dies im Vergleich zu den auf der Erde herrschenden Temperaturen sehr heiß erscheint, ist es doch kühl im Vergleich zu der darüber liegenden Korona, die Gas bei einer Temperatur von mehr als einer Million Grad beherbergt. Diese hohe Temperatur der Sonnenkorona gibt seit ihrer Entdeckung durch Walter Grotrian am astrophysikalischen Observatorium in Potsdam im Jahre 1939 Rätsel auf. Denn eigentlich müsste sie wesentlich kühler sein, also ähnlich heiß wie auf der Sonnenoberfläche.

Heute besteht Einigkeit darüber, dass die heiße Korona nur durch eine zusätzliche Heizung bestehen kann. Eine aussichtsreiche Erklärung ist die Heizung an so genannten elektrischen Stromschichten. Diese bilden sich im unteren Bereich der Korona, wo sich das äußerst komplexe Magnetfeld der Sonne sprunghaft ändert. Gemäß der gängigen Vorstellung wird in solchen Stromschichten Energie freigesetzt, mit der die Korona geheizt wird. In solchen Stromschichten liegen Magnetfeldlinien unterschiedlicher Polarität sehr eng zusammen. Komplexe plasmaphysikalische Prozesse können zur Neuverbindung (Rekonnexion) dieser Magnetfeldlinien führen. Dabei werden große Energiemengen explosionsartig freigesetzt, die geladene Teilchen beschleunigen und aufheizen. Doch auch diese Theorie konnte bisher nicht durch Beobachtungen bestätigt werden, da die Genauigkeit der benutzten Messmethoden nicht ausreichte, um das Magnetfeld in der unteren Korona zu messen.

Mit Hilfe eines neu entwickelten Infrarot-Spektropolarimeters am deutschen Vakuum Turm Teleskop (VTT), stationiert in 2.400 Meter Höhe auf der kanarischen Insel Teneriffa, konnte ein Team von Wissenschaftlern vom Max-Planck-Institut für Aeronomie zusammen mit einem spanischen Kollegen zum ersten Mal sowohl die Stärke als auch die Richtung des Magnetfeldes in der unteren Korona kartografieren. Die Bogenstruktur der Korona, die bisher nur durch indirekte Hinweise belegt war, wurde jetzt direkt sichtbar gemacht (siehe Abb. 2). Das magnetische Korsett dieser Bögen sorgt dafür, dass das darin gefangene heiße Gas nicht sofort von der Sonne entweicht.

Darüber hinaus entdeckten die Forscher eine elektrische Stromschicht in der unteren Korona. Das "Gebirge" in der Abbildung 3 zeigt die Stärke des Magnetfeldes. Die Stromschicht sitzt dort, wo das Feld schwach ist (in der Senke). Je enger diese Senke ist, desto stärker ist der Strom, der in dieser Schicht fließt. Der Einschnitt ist in Wirklichkeit noch viel enger als hier dargestellt. Er erscheint breiter wegen der Turbulenzen in der Erdatmosphäre, die die Auflösung vom Erdboden aus beschränkt. Mit der Stromschicht haben die Wissenschaftler einen der vielen Öfen entdeckt, welche die Korona heizen.

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