Tierversuchszahlen 2014 für Deutschland veröffentlicht

Die Zahlen belegen: Geforscht wird vor allem an Nagetieren und Fischen

23. November 2015

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat die Versuchstierzahlen 2014 veröffentlicht. Demnach wurden in Deutschland im vergangenen Jahr 2.798.463 Versuchstiere zu Forschungszwecken eingesetzt. Auf Nagetiere wie Mäuse und Ratten entfallen dabei 83 Prozent sowie auf Fische rund 11 Prozent. Im Vergleich zu 2013 sind die Zahlen rückläufig (2013: 2.997.152). Der Anteil der Max-Planck-Gesellschaft an den Tierversuchen in Deutschland beträgt rund 8,5 Prozent.

Im Jahre 2014 wurde die Zahl der an Universitäten und Forschungsorganisationen sowie von forschenden Unternehmen durchgeführten Tierversuche erstmals nach der neuen Versuchstiermeldeverordnung erfasst und an die Behörden weitergegeben. So werden nunmehr auch die Tiere mitgezählt, die für die Zucht genetisch veränderter Tierstämme notwendig sind, wenn für das Tier aufgrund der genetischen Veränderung eine Belastung zu erwarten ist. Dabei müssen die Tiere nicht selbst Teil eines experimentellen Eingriffs sein.

Tierversuchszahlen lassen sich nur bedingt vergleichen

Darüber hinaus beinhaltet die neue Statistik nun auch Arten, die die vorherige Verordnung nicht erfasst hat, wie zum Beispiel Kopffüßler (wie Tintenfische und Kalmare). Zudem ist der für die Erfassung maßgebliche Zeitpunkt eines Versuchs nun der Abschluss, nicht mehr der Anfang des Versuchs. In einem Übergangszeitraum kann deshalb ein Tier zweimal gezählt werden. Diese und andere Änderungen führen dazu, dass sich die Versuchstierzahlen ab 2014 nur noch bedingt mit den Zahlen der Vorjahre vergleichen lassen.

2014 wurden an den Max-Planck-Instituten 237.674 Tiere zu Versuchszwecken eingesetzt. Den größten Anteil mit rund 74 Prozent hatten dabei Nagetiere (Mäuse und Ratten), gefolgt von Zebrafischen (20 Prozent). Andere Tiergruppen wie beispielsweise Vögel (2 Prozent) kamen an den Max-Planck-Instituten in deutlich geringerem Umfang als Versuchstiere zum Einsatz. „Die Max-Planck-Gesellschaft verwendet für ihre Forschung prozentual deutlich mehr Fische als im Bundesdurchschnitt. Damit erfüllt sie eine Vorgabe des deutschen Tierschutzgesetzes, nach der möglichst niedriger organisierte Wirbeltiere zu Versuchszwecken eingesetzt werden sollten“, sagt Christina Beck, Pressesprecherin der Max-Planck-Gesellschaft.

Der hohe Anteil von Fischen beruht auch auf ihrer Bedeutung für die Grundlagenforschung. Insbesondere der Zebrafisch ist für die Molekular- und Entwicklungsbiologie sowie die Neurowissenschaften ein ganz wichtiger Modellorganismus, an dem beispielsweise Fragen zur Regeneration des Herzens untersucht werden.

Der Statistik zufolge machen Affen nur einen verschwindend geringen Anteil von 0,007 Prozent aller Versuchstiere an Max-Planck-Instituten aus. Es handelt sich dabei vornehmlich um Rhesus- (Macaca mulatta) und Javaneraffen (Macaca fascicularis). Wissenschaftler erforschen an diesen Tieren vor allem höhere Hirnleistungen, die bei anderen Arten nur wenig oder gar nicht entwickelt sind und deren Störungen für psychiatrische Erkrankungen verantwortlich sind.

Die von den Max-Planck-Instituten gemeldeten Zahlen beinhalten aufgrund der veränderten Meldeverordnung nun auch genetisch veränderte Tiere. Rund 46 Prozent der Tiere sind transgen. „Mit Hilfe solcher genetisch veränderter Tiere können Wissenschaftler die Funktion von Genen untersuchen und somit beispielsweise die Ursachen von Erbkrankheiten aufklären. Auch zur Entwicklung neuer Medikamente tragen transgene Tiere bei“, erklärt Beck. Nicht alle transgenen Tiere wurden in einem Tierversuch eingesetzt, viele dienen nur dem Erhalt beziehungsweise dem Aufbau bestimmter Zuchtlinien. Sie erfahren jedoch aufgrund der Erbgutveränderungen Belastungen, beispielsweise durch veränderte Embryonalentwicklung oder Stoffwechselprozesse.

Entwicklung von Alternativmethoden vorantreiben

Die Max-Planck-Gesellschaft forscht auch intensiv an der Entwicklung von Alternativmethoden zu Tierversuchen. So untersuchen Max-Planck-Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster beispielsweise Stammzellen, aus denen sich Nervenzellen gewinnen lassen. In einer solchen Zellkultur können sie die molekularen Ursachen neurodegenerativer Erkrankungen erforschen. Stammzellen sollen außerdem bei der Suche nach neuen medizinischen Wirkstoffen helfen. So mancher Tierversuch wird dadurch künftig ersetzt werden können.

Auch Computermodelle können - wie in den Neurowissenschaften - dazu beitragen, die Zahl der benötigten Tiere zu verringern. Forscher am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt simulieren neuronale Netzwerke, um zu verstehen, wie Nervenzellverbände miteinander kommunizieren. Allerdings muss in der Regel noch überprüft werden, ob sich die so gewonnenen Ergebnisse tatsächlich auf den lebenden Organismus übertragen lassen. Darüber hinaus können Wissenschaftler mit Simulationen nur Fragestellungen untersuchen, wenn die Simulationen bereits hinreichend durch Daten abgesichert sind. Die biologisch-medizinische Forschung wird deshalb auch in absehbarer Zukunft nicht ohne Tierversuche auskommen können.

Strenge Regelungen in Deutschland für Tierversuche

In Deutschland prüfen die zuständigen Landesbehörden jeden einzelnen Versuch mit einem Wirbeltier darauf, ob die Belastung für das Tier auf ein Minimum begrenzt ist und ob er unerlässlich und ethisch vertretbar ist. Nur wenn der beantragende Wissenschaftler nachweist, dass alle drei Bedingungen erfüllt sind, darf er den Versuch durchführen. In manchen Bereichen sind Tierversuche allerdings gesetzlich vorgeschrieben. So müssen neue Wirkstoffe beispielsweise zuerst an Tieren erprobt werden, bevor sie als Medikamente beim Menschen angewandt werden dürfen.

Versuche an Menschenaffen – Schimpansen, Gorillas, Orang-Utans und Bonobos – sind in Europa schon seit 1996 nicht mehr erlaubt, es sei denn, sie sind zur akuten Abwendung lebensbedrohlicher Seuchen erforderlich. Auch zur Entwicklung von Kosmetika dürfen Tiere nicht eingesetzt werden.

Zur Redakteursansicht