Hochzeitsgeschenk verändert Fortpflanzungsverhalten von Grillen-Weibchen

Essbare Liebesgaben beeinflussen möglicherweise die Paarungsbereitschaft

7. Oktober 2015

Mit einem Hochzeitsgeschenk an ihre Partnerinnen ändern männliche Grillen möglicherweise die Fortpflanzungsphysiologie der Weibchen und deren Bereitschaft, sich mit anderen Männchen zu paaren. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler der Universität Exeter, England, und des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena.

Wenn sich Insekten paaren, übertragen die Männchen ihre Spermien oft in einem Samenpaket, auch Spermatophore genannt. Männliche Kurzflügelgrillen der Art Gryllodes sigillatus bieten ihren Paarungspartnerinnen darüber hinaus eine essbare Gabe als Hochzeitsgeschenk an: große, gallerartige Eiweißkugeln, die an den Spermatophoren kleben und von den Weibchen während der Spermienübertragung verspeist werden. Die Wissenschaftler vermuten, dass einige der Proteine in dieser Hochzeitsgabe verhindern, dass Verdauungsenzyme im Darm der Weibchen andere aktive Proteine in der Eiweißkugel abbauen. Die so geschützten Proteine ändern vermutlich die Fortpflanzungsphysiologie der Weibchen: Ihre Bereitschaft, sich mit weiteren Männchen zu paaren nimmt ab.

Yannick Pauchet vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie erläutert: „Man ging lange davon aus, dass die essbaren Liebesgaben vor allem zum Essen anregende Stimulanzien beinhalten, die verlockend auf die Weibchen wirken. Allerdings konnte unsere Studie zeigen, dass die Gaben auch Proteine enthalten, deren Funktion zwar das Füttern des Weibchens ist, die aber wahrscheinlich auch auf dessen Verhalten Einfluss nehmen.“

Die Forscher analysierten die Proteine in der Hochzeitsgabe, um ihre molekulare Struktur und Funktion zu bestimmen. Sind fanden heraus, dass einige der Proteine nicht nur vor enzymatischem Abbau geschützt sind; sie weisen darüber hinaus eine erstaunliche Ähnlichkeit mit Wachstumsfaktoren auf, Proteinen, deren Signalwirkung von anderen Insektenarten bekannt ist. Die Ähnlichkeit legt nahe, dass diese Proteine Zellwachstum und -entwicklung von Zielgewebe im Körper des Weibchens fördern und letztendlich das Reproduktionsverhalten beeinflussen.

„Die Proteomanalyse der Spermoatophore von Gryllodes sigillatus ist ein Meilenstein im Hinblick auf unser Verständnis der Evolution von Hochzeitsgaben bei Insekten. Sie eröffnet uns viele spannende neue Wege in der Forschung,“ meint Yannick Pauchet.

Hochzeitsgaben sind bei Insekten nicht unüblich und reichen von schön eingewickelten toten Käfern, die von den Männchen gesammelt werden, über verschiedene Körpersekrete und Körperteile bis hin zum gesamten Körper des Männchens. Weibliche Kurzflügelgrillen entfernen die von den Männchen produzierte gallertartige Hochzeitsgabe von den Spermatophoren und verspeisen sie während der Samenübertragung. Wenn das Weibchen die Gabe verspeist hat, beginnt sie, das Samenpaket selbst zu verspeisen, und beendet so den Spermientransfer.

Es gibt also eine direkte Beziehung zwischen der Zeit, die das Weibchen benötigt um die Hochzeitsgabe zu essen, und der Zeit, die für den vollständigen Transfer des Samens von der Spermatophore in die Begattungstasche des Weibchens, in dem es die Spermien aufnimmt, notwendig ist. Je größer die Gabe, desto länger ist die Zeit der Samenübertragung und desto wahrscheinlicher ist die Chance der Männchen auf Vaterschaft.

Weitere Untersuchungen sind jetzt notwendig, um die genaue Rolle der Proteine in der Hochzeitsgabe im Hinblick auf die Reproduktionsphysiologie und das Verhalten weiblicher Kurzflügelgrillen zu bestimmen. Insbesondere wollen die Wissenschaftler herausfinden, ob und wie die Nährstoffzusammensetzung der Gabe die Paarungsbereitschaft der Weibchen verändert oder sicherstellt, dass eine Befruchtung erfolgt.

JB/AO/HR

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