Egoismus kann tödlich für eine Population sein

Mathematisches Modell kann erstmals mehrere Einflussfaktoren vereinen und die tatsächliche Dynamik von Populationen besser abbilden

28. Juli 2015

Gemeinsam sind wir stark – dieser Ansatz gilt auch in der Evolution. Denn wenn einzelne Mitglieder einer kleinen Populationen kooperieren und so die Ressourcen in ihrem Lebensraum effizienter ausnutzen, können sie das Überleben der ganzen Population sichern. Im Gegensatz dazu kann Eigennutz tödlich sein und zum Aussterben einer Population führen. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie haben nun ein mathematisches Modell entwickelt, mit dem man diese Zusammenhänge genauer als bisher simulieren kann.

Das Modell basiert auf der sogenannten Spieltheorie. Mit ihr kann zum Beispiel untersucht werden, wie sich Menschen verhalten, wenn ihnen ein Gewinn winkt. In einem solchen Szenario können meist unterschiedliche Strategien gewählt werden: man maximiert den eigenen Gewinn auf Kosten aller Mitspieler, oder man erhöht den Gewinn aller Spieler, indem man kooperiert, gibt dadurch aber die Chance auf den eigenen Maximalgewinn auf.

Auch in der Natur gibt es solche Strategien, bei der sich ein bestimmtes Merkmal durchsetzt, das zwar für ein Individuum einen Nachteil bringen kann, für die gesamte Gruppe aber vorteilhaft ist. Die Dynamiken solcher Strategien können dementsprechend mit der evolutionären Spieltheorie beschrieben werden.

Bei der Modellierung solcher Szenarien gilt es, verschiedenste Einflussfaktoren zu berücksichtigen: Es kommt darauf an, wie Individuen mit einer bestimmten Eigenschaft konkurrieren und wie eventuell neue Eigenschaften entstehen. Es kommt auch auf die Veränderungen in der Gruppengröße an, denn ständig sterben Individuen, werden neu geboren oder wandern ab. Diese Faktoren bedingen sich gegenseitig. Dazu kommt noch der Zufall. Denn welches Individuum wann stirbt oder wie oft Individuen etwa um Nahrung konkurrieren, folgt keinem starren zeitlichen Schema.

Dabei wurden bisher vorwiegend Modelle erstellt, bei der von einer gleichbleibenden Populationsgröße ausgegangen wurde. Das ist zwar mathematisch von Vorteil, bildet die Realität aber nicht immer gut ab.

Wissenschaftlern am Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön ist es nun gelungen, im Modell zu berücksichtigen, dass Populationsgrößen variieren, wenn sich die Anpassung an die Umwelt verändert, also beispielsweise Individuen mit einer neuen Eigenschaft dazukommen. Dabei haben sie auf die evolutionäre Spieltheorie zurückgegriffen, bei der die Wahrscheinlichkeit für einzelne Individuen, den Konkurrenzkampf zu gewinnen oder zu verlieren, mit einberechnet wird.

Die Forscher zeigen, dass sich Zusammenarbeit auszahlt: Das Modell zeigt, dass Populationen kleiner sind, wenn sie hauptsächlich aus egoistischen Individuen bestehen. Außerdem machten die Wissenschaftler eine spannende Entdeckung: Bisher konnten nur Populationen mit fester Größe modelliert werden.  Bei großen Populationen stimmt das neue Modell mit den bisherigen Modellen überein. Mit dem neuen Modell konnte simuliert werden, dass besonders bei kleinen Populationen Zufallseffekte viel stärker wirken. Dann besteht die Gefahr des Aussterbens besonders, wenn der Wettbewerb untereinander hoch ist. Kooperieren die Individuen aber, ist dies weniger wahrscheinlich.

IW-HR

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