Heiße Lavaströme auf der Venus

Mit einer Kamera an Bord der Raumsonde Venus Express entdecken Forscher deutliche Anzeichen von aktivem Vulkanismus

18. Juni 2015

Den bisher besten Hinweis auf aktiven Vulkanismus auf dem Planeten Venus hat ein internationales Team unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung jetzt vorgelegt. Die Wissenschaftler werteten Messdaten der ESA-Raumsonde Venus Express aus. Die Forscher identifizierten vier Regionen auf der Planetenoberfläche, deren Temperatur im Laufe weniger Tage dramatisch angestiegen war. Die Größe und Temperatur des kleinsten dieser „Hotspots“ schätzen die Forscher auf etwa einen Quadratkilometer und 830 Grad Celsius.

Die Venus gilt als Schwester der Erde: Beide Planeten sind fast gleich groß und im Innern ähnlich aufgebaut. Forscher halten es deshalb für wahrscheinlich, dass unser Nachbarplanet im Kern eine Wärmequelle besitzt – etwa zerfallende radioaktive Elemente. Die entstehende Wärme muss irgendwie entweichen. Eine Möglichkeit dafür bieten Vulkanausbrüche.

Einige Modelle der Planetenentwicklung deuten sogar daraufhin, dass vor etwa 500 Millionen Jahren eine gewaltige Lavaflut die Oberfläche des Planeten komplett umgestaltet hat. Die Frage, ob Venus noch immer vulkanisch aktiv ist, gehört deshalb zu den meist diskutierten der Planetenforschung.

Das bisher stichhaltigste Anzeichen von Aktivität hat jetzt ein Forscherteam in Daten der Venus Monitoring Kamera (VMC) an Bord der Raumsonde Venus Express gefunden. In Infrarotaufnahmen, die nur wenige Tage auseinander lagen, entdeckten die Wissenschaftler stark lokalisierte Veränderungen der Oberflächenhelligkeit.

„Wir haben Stellen auf der Oberfläche gefunden, die rasch sehr heiß werden und sich dann wieder abkühlen“, sagt Eugene Shalygin vom Göttinger Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, Erstautor der neuen Studie. Die vier „Hotspots“ liegen in einem Gebiet, das aus Radaruntersuchungen als tektonische Riftzone bekannt ist.

„Dies ist der bisher spannendste Hinweis auf aktiven Vulkanismus auf der Venus“, erklärt Shalygin. Die heißen Stellen finden sich in der Atla-Region entlang der Ganiki-Riftzone, einem Grabenbruch in der Nähe der Vulkane Ozza Mons und Maat Mons.

Bereits 2010 hatten Wissenschaftler Auffälligkeiten in der Infrarotstrahlung bei drei vulkanischen Regionen auf der Venus entdeckt. Die Strahlung unterschied sich von der aus anderen Gebieten. Dort könnten sich erstarrte, aber vergleichsweise junge Lavaströme befinden, die noch nicht stark verwittert sind. Sie müssten weniger als 2,5 Millionen Jahre alt sein.

Einen weiteren Hinweis gab es 2012. Forscher fanden, dass die Konzentration von Schwefeldioxid in der oberen Venusatmosphäre in den Jahren 2006 bis 2007 dramatisch angestiegen war. Danach folgte ein fünfjähriger langsamer Abfall. Ursächlich könnten zwar auch Veränderungen der Windbewegungen sein; doch auch Vulkane können die Atmosphäre mit großen Mengen an Schwefeldioxid anreichern. Die neuen Ergebnisse, die jetzt in den Geophysical Research Letters erschienen sind, setzen die Reihe dieser Entdeckungen fort.

„Unsere Beobachtungen bewegen sich am Rande dessen, was Venus Express leisten kann. Es war ausgesprochen schwierig, diese Helligkeitsveränderungen durch die dicke Wolkendecke hindurch zu detektieren“, sagt Koautor und Max-Planck-Forscher Wojciech Markiewicz. Da der Blick der Kamera durch die dichten Venuswolken verschmiert wird, scheint es zunächst so, als erstreckten sich die Stellen erhöhter Infrarotabstrahlung über mehr als 100 Kilometer.

Die wirklichen „Hotspots“ sind jedoch wahrscheinlich viel kleiner. Für den kleinsten berechnete das Team eine Größe von etwa einem Quadratkilometer und eine Temperatur von 830 Grad Celsius. Die globale Durchschnittstemperatur auf der Venus beträgt 480 Grad Celsius.

Die Ganiki-Chasma-Region galt bereits bisher als Gebiet mit der jüngsten geologischen Vergangenheit. Die neue Studie legt nun nahe, dass sie noch immer aktiv ist. „Es sieht so aus, als könnten wir Venus endlich in die kleine Gruppe von Körpern im Sonnensystem aufnehmen, die vulkanisch aktiv sind“, sagt Håkan Svedhem von der europäischen Raumfahrtagentur ESA, Venus-Express-Projektwissenschaftler. „Die Untersuchungen zeigen, dass unser nächster Nachbar sich bis zum heutigen Tag noch immer verändert.“ Dies sei ein wichtiger Schritt, um die unterschiedlichen Entwicklungen, die sich auf Erde und Venus vollzogen haben, zu verstehen.

BK / HOR

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