Planck enthüllt späte Geburt der ersten Sterne

Kosmologie-Satellit liefert detaillierte Karten des kosmischen Mikrowellenhintergrunds

5. Februar 2015
Neue Karten des ESA-Satelliten Planck zeigen den gesamten Himmel im polarisierten Licht des frühen Universums und verraten, dass die ersten Sterne rund 100 Millionen Jahre später geboren wurden als bisher angenommen. Die Karten geben aber auch neue Einblicke in unsere Milchstraße, deren Staub spektakuläre Ansichten galaktischer Magnetfelder liefert. Wissenschaftler am Garchinger Max-Planck-Institut für Astrophysik haben wichtige Software-Komponenten für Planck entwickelt und sich intensiv an der Auswertung der Missionsdaten beteiligt.

Die Geschichte unseres Universums begann vor 13,8 Milliarden Jahren. Will man seine Entwicklung verstehen, muss man den kosmischen Mikrowellenhintergrund (auch CMB genannt, von englisch Cosmic Microwave Background) analysieren. Dieses fossile Licht ging nur 380.000 Jahre nach dem Urknall auf die Reise, als das Weltall noch sehr heiß und dicht war. Durch die Expansion des Kosmos sehen wir dieses Licht heute über dem gesamten Himmel im Spektralbereich der Mikrowellen.

Von 2009 bis 2013 erstellte Planck mehrere komplette Himmelskarten dieser urzeitlichen Strahlung in bisher unerreichter Genauigkeit. Winzige Temperaturunterschiede zwischen den verschiedenen Regionen zeigen dabei, dass die Dichte im frühen Kosmos nicht ganz gleichförmig war – und aus diesen kleinen Fluktuationen entstanden alle zukünftigen Strukturen: die Sterne und Galaxien von heute.

In den vergangenen zwei Jahren haben Forscher der Planck-Kollaboration die Ergebnisse aus der Analyse dieser Daten in vielen Artikeln veröffentlicht und dabei das kosmologische Standardmodell unseres Universums mit immer höherer Genauigkeit bestätigt.

„Die detaillierte Karte der CMB-Temperaturstrukturen kann als eines der Schlüsselergebnisse der Wissenschaft des 21. Jahrhunderts betrachtet werden“, sagt denn auch Simon D.M. White, Direktor am Max-Planck-Institut für Astrophysik und Co-Investigator von Planck. „Das Bild zeigt uns die Grenzen des sichtbaren Universums, als dieses nur ein 40.000stel seines heutigen Alters besaß.“

Nach den Worten von ESA-Planck-Projektwissenschaftler Jan Tauber enthält der Mikrowellenhintergrund zusätzliche Hinweise auf unsere kosmische Geschichte, die in seiner Polarisation codiert sind: „Planck hat dieses Signal zum ersten Mal mit einer hohen Auflösung über den gesamten Himmel vermessen und diese einzigartigen Karten ermöglicht.“

Licht wird polarisiert, wenn es in einer bevorzugten Richtung schwingt; dies kann die Folge sein, wenn Lichtteilchen (Photonen) von anderen Partikeln wie Elektronen abprallen. Genau das passierte mit dem CMB im frühen Universum. Plancks Polarisationsdaten bieten einen unabhängigen Weg, die kosmologischen Parameter zu messen und bestätigen damit die Details des sogenannten Standardmodells, wie es aus den CMB-Temperaturschwankungen bestimmt worden war.

Auf seinem Weg durch Raum und Zeit wurde das CMB-Licht aber auch durch die ersten Sterne beeinflusst – und die Polarisationsdaten deuten nun an, dass diese ersten Sterne etwa 550 Millionen Jahre nach dem Urknall zu leuchten anfingen. Damit begannen sie durch ihre Strahlung, das kosmische Gas allmählich zu reionisieren und leiteten das Ende des Dunklen Zeitalters ein. Dank Planck wissen wir also nun, dass dies mehr als 100 Millionen Jahre später geschah, als bisher angenommen.

Dieses Ergebnis löst ein astronomisches Rätsel: Bisherige Studien der CMB-Polarisation schienen auf eine frühere Geburt der ersten Sterne hinzudeuten, während Bilder des Himmels zeigten, dass die frühesten bekannten Galaxien im Universum etwa 300 bis 400 Millionen Jahre nach dem Urknall auftauchten. Damit würden sie aber nicht ausreichen, um das Dunkle Zeitalter schon nach den bisher angenommenen 450 Millionen Jahren zu beenden; denn dazu muss das gesamte Gas im Weltall reionisiert werden, was deutlich länger als 50 Millionen Jahre dauert.

Mit den heute veröffentlichten Daten untersuchen die Wissenschaftler auch die Polarisation der Vordergrundemission durch Gas und Staub in der Milchstraße, um die Struktur des galaktischen Magnetfeldes zu analysieren. „Mit seinen neun Frequenzkanälen ist Planck bestens dafür geeignet, um das kosmologische Signal und die Vordergrundstrahlung zu entwirren.

Allerdings müssen wir bei der Analyse der Daten sehr vorsichtig sein“, sagt Torsten Enßlin, Leiter der technischen Planck-Gruppe am Max-Planck-Institut für Astrophysik. „Das polarisierte Licht des Staubes zeichnet die galaktischen Magnetfeldlinien mit einer fantastischen Detailtreue nach und ermöglicht bisher ungeahnte Einblicke in Wetterphänomene innerhalb unserer Milchstraße“, so der Garchinger Forscher.

Laut Enßlin zeigen die Ergebnisse, dass der Beitrag von Staub in unserer Milchstraße über den gesamten Himmel hinweg signifikant ist – damit werden alle früheren Hoffnungen zunichtegemacht, dass einige Bereiche sauber genug sein könnten, um einen direkten Blick auf das frühe Universum zu erhaschen. Mit anderen Worten: Wir blicken immer durch einen „Schleier“, den man mit aufwendigen Methoden der Datenverarbeitung gleichsam wegrechnen muss.

Dann liefern die Daten allerdings wichtige neue Einblicke in den Babykosmos und seine Bestandteile, einschließlich der faszinierenden dunklen Materie und der schwer fassbaren Neutrinos; auch diese Ergebnisse werden in den heute veröffentlichten Arbeiten beschrieben. Selbst die noch frühere Geschichte des Kosmos lässt sich eruieren, bis zurück zur Phase der Inflation – einer kurzen Zeit der beschleunigten Expansion, als das Universum gerade erst einen winzigen Bruchteil einer Sekunde alt war.

Als ultimative Signatur dieser Epoche suchen die Astronomen nach Hinweisen auf Gravitationswellen, die durch die Inflation ausgelöst wurden und später die Polarisation des CMB prägten. Frühere Berichte über einen direkten Nachweis dieses Signals, wie sie die Daten des Teleskops Bicep 2 vermuten ließen, mussten angesichts der Planckkarten des polarisierten Lichtes jedoch revidiert werden.

Kombiniert man die neuesten Daten des Satelliten mit Ergebnissen von anderen Experimenten, so lassen sich die Grenzwerte für diese primordialen Gravitationswellen noch genauer bestimmen. Die neuen Obergrenzen sind bereits in der Lage, einige Inflationsmodelle auszuschließen.

HAE / HOR

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