Kräfte, die in Galaxien walten

Magnetfelder durchziehen auf Größenskalen von 100.000 Lichtjahren ganze Galaxien und umgeben deren zentrale Schwarze Löcher. Forscherinnen und Forscher um Rainer Beck, Silke Britzen und Sui Ann Mao am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn entlocken den unsichtbaren Kraftfeldern ihre Geheimnisse.

Text: Thomas Bührke

Kaum jemand wird sich der Faszination des riesigen Radioteleskops in Effelsberg entziehen können. Mit einem Durchmesser von 100 Metern ist es das weltweit zweitgrößte, frei schwenkbare Beobachtungsgerät seiner Art. Mit diesem Giganten-Ohr wollte Rainer Beck schon als Student ins Universum hinaus horchen. Dazu gab es keine Alternative. Heute, fast 40 Jahre später, ist der Forscher seit langem etabliert. Kaum ein anderer kennt sich so gut mit Magnetfeldern in Galaxien aus wie er. Seine Karriere begann allerdings mit einem Rückschlag.

Sein Doktorvater, der damalige Max- Planck-Direktor Richard Wielebinski, hatte im Jahr 1973 zusammen mit seiner Mitarbeiterin Elly Berkhuijsen in der benachbarten, rund zweieinhalb Millionen Lichtjahre entfernten Andromedagalaxie erstaunlich intensive Radiostrahlung gefunden. Die musste von schnellen Elektronen stammen, die sich in verhältnismäßig starken Magnetfeldern bewegen. „Damit hatte damals niemand gerechnet“, erinnert sich Beck. Daher war das Ergebnis spektakulär. Es wurde seitdem von Beck und seinen Studenten mehrfach bestätigt und verbessert. Und im Jahr 1999 gelangte es auf einer Sonderbriefmarke der Deutschen Bundespost sogar zu ungeahnter Ehre.

Rainer Beck sollte nun im Rahmen seiner Doktorarbeit in einer anderen Spiralgalaxie namens Messier 51 ebenfalls nach Radiostrahlung suchen. „Das ging aber völlig daneben, weil das Sternsystem für die damalige Detektortechnik zu weit entfernt war“, sagt der Wissenschaftler. Doch davon ließ er sich nicht abschrecken.

Die Feldlinien folgen den Spiralarmen

Bis heute hat die Gruppe um Beck und Marita Krause viele Galaxien im Radiobereich studiert – inzwischen auch erfolgreich M 51. Magnetkarten zeigen, dass die Linien des geordneten Feldes dem Verlauf der Spiralarme folgen, sich an deren Krümmung gleichsam anschmiegen. Auf den genauesten Karten ist zu sehen, dass die Magnetfeldstärke häufig an den Innenkanten der Arme am größten ist, aber auch zwischen ihnen existieren geordnete Felder.

M 51 – auch Whirlpool- oder Strudelgalaxie genannt – ist zudem ein gutes Beispiel dafür, wie Magnetfelder von außen beeinflusst werden. Eine nahe Begleitgalaxie verursacht mit ihrer Schwerkraft im Gas von M 51 starke Dichtewellen mit der Folge, dass deren Spiralarme besonders ausgeprägt sind und deutlich hervortreten. Gleichzeitig komprimieren die Wellen auch das Magnetfeld an den Innenkanten der Spiralarme.

„Wir sehen hier einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Gasdichte und der Stärke des Magnetfeldes“, erläutert Beck. Das ist auch insofern interessant, als in solchen verdichteten Regionen neue Sterne entstehen können. Welchen Einfluss die Magnetfelder auf die Gaswolken und Sterngeburten darin haben, diskutieren Astronomen schon seit Jahrzehnten.

Neue Sterne entstehen im Innern dichter rotierender Wolken, die sich langsam unter dem Einfluss der eigenen Schwerkraft zusammenziehen. Während eine solche Wolke kleiner wird, rotiert sie immer schneller. Dadurch nimmt die nach außen wirkende Zentrifugalkraft zu, die dem Kollaps entgegenwirkt und ihn womöglich gänzlich aufhalten könnte.

Das Gas erhitzt sich hierbei und wird teilweise ionisiert: Es wird zu einem Plasma, in dem elektrisch geladene Teilchen – vornehmlich Protonen und Elektronen – umherschwirren. Diese reagieren auf das Magnetfeld, zerren an ihm wie Teig an einem Mixer und bremsen die Rotationsbewegung der gesamten Wolke. Die Zentrifugalkraft nimmt ab, und die Wolke kann weiter kontrahieren. Auf diese Weise könnten Magnetfeldbremsen die Sternentstehung unterstützen.

„Trotz jahrzehntelanger Forschung wissen wir aber immer noch verhältnismäßig wenig über den Einfluss von Magnetfeldern auf die Vorgänge im Innern von Galaxien, wie etwa die Bildung von Spiralarmen oder aktiver galaktischer Zentren“, sagt der Max-Planck-Forscher. Zu vernachlässigen sind sie keinesfalls, wie die meisten Astronomen in Becks Anfangsjahren noch meinten.

Während man das Gas und die Sterne in einer Galaxie sehen kann, bleiben Magnetfelder unsichtbar. Wie aber lassen sie sich überhaupt erkennen? „Sie benötigen eine Beleuchtung“, sagt Rainer Beck, „und die übernehmen Elektronen.“ Diese im Raum zwischen den Sternen vorhandenen Teilchen werden in einem Magnetfeld auf schraubenförmige Bahnen gezwungen und senden dabei wie winzige Scheinwerfer in Bewegungsrichtung Radiostrahlung aus. Außerdem sind die Radiowellen linear polarisiert: Sie schwingen bevorzugt in einer Ebene, und zwar senkrecht zur Magnetfeldorientierung. So lassen sich aus der Intensität und der Polarisation der Radiostrahlung die Stärke und die Struktur des Magnetfeldes ermitteln.

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