Gene für die Artbildung

Regionen im Erbgut machen Hybride unterschiedlicher Hausmaus-Unterarten teilweise unfruchtbar

9. Dezember 2014

Aus eins mach drei: Vor einer halben Million Jahre spaltete sich die Hausmaus Mus musculus in drei Unterarten auf, zwei davon sind in Europa heimisch. In einer Übergangszone vermischen sich die beiden Formen und bilden sogenannte Hybride, die weniger fertil sind als ihre reinrassigen Verwandten. Zwei Wissenschaftlerinnen am Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön haben im Erbgut solcher Hybridmäuse Abschnitte identifiziert, die die Fruchtbarkeit der Tiere verringern. Die Gene steuern die Genaktivität in den Hoden und das Gewicht der Hoden. Die Analyse der Forscher deckte ein kompliziertes Geflecht aus Interaktionen verschiedener Genregionen auf, das die Fortpflanzung zwischen den Hybriden im Laufe der Evolution unterbinden kann. Auf diese Weise können sich die Unterschiede zwischen den Mausformen immer weiter verstärken, bis aus den zwei Unterarten vollständig getrennte Arten entstanden sind.

In der Biologie gibt es unterschiedliche Artkonzepte. Fest steht: Die Evolution läuft immer weiter und wir betrachten stets nur eine kurze Momentaufnahme. Was heute noch eine Art ist, kann sich schon bald in zwei Arten aufspalten. Bei neu entstehenden Arten lässt sich der Prozess der Artbildung besonders gut untersuchen: Bevor der Genfluss komplett unterbrochen ist, werden häufig überlebensfähige Mischlinge gezeugt, die sich aber kaum oder gar nicht mehr fortpflanzen können.

Die Zeugungsfähigkeit der Männchen hängt häufig mit dem Gewicht und der Größe der Hoden zusammen. Aber Veränderungen der Genregulation in den Hoden können auch zu Unfruchtbarkeit führen. Bettina Harr und Leslie Turner vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie haben deshalb im Erbgut der Mäuse nach Regionen gesucht, die das Gewicht der Hoden und die Aktivität von im Hoden abgelesenen Genen beeinflussen. Dazu haben sie normale und teilweise sterile Hybridmäuse in einer „Genom-weiten Assoziations-Analyse“ untersucht. „Die Studie zeigt, dass viele verschiedene Genregionen an der Fruchtbarkeit von Hybriden Männchen beteiligt sind. Einige davon wurden bisher noch nie mit Fruchtbarkeit in Zusammenhang gebracht“, erklärt Turner.

Nach dem die Forscherinnen einzelne Bereiche im Genom identifiziert hatten, suchten sie nach Interaktionen zwischen diesen separaten Regionen. Denn viele Theorien besagen, dass erst Wechselwirkungen zwischen Gen Varianten, die ursprünglich aus den beiden getrennten Unterarten stammen und nun in den Hybriden gemeinsam im Genom vorkommen, zu einer Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit führen. „Bis auf einen interagieren alle Genorte, die wir gefunden haben, mit mindestens einer anderen Region. Die meisten haben mehrere Interaktionspartner“, sagt Bettina Harr.

Es gibt also ein komplexes Netzwerk aus Interaktionen, welches dazu führt, dass sich die Mausmischlinge in der Hybridzone schlechter fortpflanzen können. Noch ist nicht klar, welche Gene genau zu der veränderten Genaktivität oder der variierenden Hodengröße führen, aber die Max-Planck-Wissenschaftlerinnen haben die Suche bereits stark eingegrenzt. Einige der identifizierten Abschnitte enthalten weniger als zehn Gene und liefern so schon aussichtsreiche Kandidaten.

NH/HR-DU

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