Fehlen des Transkriptionsfaktors FoxO1 löst Lungenhochdruck aus

Max-Planck-Forscher entdecken neues Therapiekonzept

27. Oktober 2014

Bei einer Lungenhochdruckerkrankung teilen sich die Wandzellen der Blutgefäße unkontrolliert. Die Gefäßwände werden dadurch immer dicker. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim und der Universität Gießen haben entdeckt, dass der Transkriptionsfaktor FoxO1 die Teilung der Zellen reguliert und dadurch eine entscheidende Rolle bei der Entstehung des Lungenhochdrucks spielt. Die Forscher konnten Lungenhochdruck bei Ratten durch eine Aktivierung von FoxO1 heilen. Die Ergebnisse der Studie könnten zur Entwicklung einer neuen Therapie der bislang nicht heilbaren Krankheit genutzt werden.

Schätzungsweise 100 Millionen Menschen leiden weltweit an einer Lungenhochdruckerkrankung. Charakteristisch für die Krankheit sind sich zunehmend verengende Lungenarterien. Der geringere Durchmesser der Gefäße hat eine schlechtere Durchblutung zur Folge. Die rechte Herzkammer versucht, dies mit einer stärkeren Pumpleistung zu kompensieren. Dadurch erhöht sich der Blutdruck in den Lungenarterien. Die chronische Überlastung des Herzens schädigt dieses im Laufe der Zeit. Die Folge ist eine Herzschwäche, auch als Herzinsuffizienz bezeichnet.

Verschiedene in den letzten Jahren neu entwickelte Therapien zielen vor allem auf eine Linderung der Symptome und eine Entlastung des Herzens ab. Heilbar ist die Lungenhochdruckerkrankung hingegen bisher noch nicht. Dies liegt auch am unzureichenden Wissen über die molekularen Hintergründe, die zur Entstehung des Lungenhochdrucks führen.

Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim und der Justus-Liebig-Universität in Gießen gelang nun ein entscheidender Fortschritt. Mit dem Transkriptionsfaktor FoxO1 haben sie ein Schlüsselmolekül identifiziert, das für die Regulation der Zellteilung der Gefäßwandzellen und ihre Lebensdauer eine entscheidende Rolle spielt. „Die Gefäßwand von Lungenarterien erneuert sich stetig. Ein komplexes Zusammenspiel vieler Faktoren sorgt normalerweise dafür, dass das Verhältnis zwischen sich teilenden und absterbenden Zellen ausbalanciert ist“, sagte Soni Savai Pullamsetti, die das Forschungsprojekt leitete.

Einen wichtigen Hinweis auf die zentrale Rolle von FoxO1 entdeckten die Wissenschaftler in Gewebeproben von Lungenhochdruckpatienten: „Bei diesen Patienten ist FoxO1 nicht ausreichend aktiv, so dass die Aktivität verschiedener Gene nicht richtig gesteuert wird“, so Pullamsetti. Experimente an Zellkulturen und Ratten bestätigten die Ergebnisse: „Wenn wir FoxO1 durch einen genetischen oder pharmakologischen Eingriff abschalten, teilen sich die Gefäßwandzellen häufiger“, so Rajkumar Savai, Erstautor der Studie. In Folge dessen entwickelt sich dann ein Lungenhochdruck.

Eine verringerte FoxO1-Aktivität trägt demnach wesentlich zur Entstehung von Lungenhochdruck bei. In weiteren Experimenten stellte sich heraus, dass bestimmte Wachstumsfaktoren und Botenstoffe für die Verringerung der FoxO1-Aktivität verantwortlich sind. Dabei handelt es sich um Substanzen, die entweder allgemein mit Entzündungsprozessen in Verbindung stehen oder die Zellteilung ankurbeln.

„Eine mögliche neue Therapie könnte darauf abzielen, die Aktivität von FoxO1 in den Lungenarterien der Patienten zu steigern“, so Werner Seeger, Abteilungsdirektor am Max-Planck-Institut in Bad Nauheim und Direktor der Medizinischen Klinik II (Standort Gießen) am Universitätsklinikum Gießen und Marburg. Dieses konnte in experimentellen Studien bereits belegt werden. So normalisierte sich die zuvor krankhafte  Zellteilung der Lungengefäßwand, wenn die Forscher die FoxO1-Aktivität verstärkten. “An Lungenhochdruck leidende Ratten konnten so weitestgehend geheilt werden“, sagte Seeger. Die positiven Befunde stimmen die Wissenschaftler darin optimistisch, auf Basis der Studie einen neuen therapeutischen Ansatz entwickeln zu können.

SH/HR

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