Asteroid mit zwei Gesichtern

Forscher entdecken, dass der Kleinplanet Itokawa in seiner Frühzeit eine Kollision durchmachen musste

5. Februar 2014
Hier kompakt, dort eher locker: Die innere Struktur des länglichen Asteroiden Itokawa ist uneinheitlich – und weist auf einen früheren Zusammenstoß zweier getrennter Brocken hin. Während der eine Teil des erdnussförmigen Körpers eine vergleichbar hohe Dichte zeigt wie Granit, ist der andere deutlich lockerer aufgebaut, etwa wie dicht gepackter Sand. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Team, dem auch Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Göttingen angehören. Damit gelang erstmals ein Blick ins Innere eines Asteroiden.  

Nur wenige Kleinplaneten in unserem Sonnensystem sind so gut erforscht wie Itokawa. Nicht nur, weil der nur knapp 600 Meter lange Körper etwa alle 556 Tage in die Erdumlaufbahn vordringt und damit zur Gruppe der erdnahen Asteroiden zählt. Itokawa war im Jahr 2005 auch das Ziel der Weltraummission Hayabusa.

Die japanische Sonde konnte ihr Forschungsobjekt genau vermessen und sogar Material von dessen Oberfläche zurück zur Erde bringen. Was unter dieser Oberfläche verborgen ist, blieb jedoch – wie bei allen anderen Asteroiden auch – nahezu unbekannt. In der Vergangenheit ließen sich bestenfalls durchschnittliche Dichten bestimmen. Vereinfachend nahm man an, dass diese den gesamten Körper beschreiben. 

„In unserer neuen Studie haben wir nun erstmals Eigenschaften aus dem Innern eines Asteroiden bestimmt“, sagt Colin Snodgrass vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung. Dabei offenbarte sich ein Innenleben, das alles andere als einheitlich ist. „Itokawa scheint aus zwei sehr unterschiedlichen Teilen zu bestehen“, so der Wissenschaftler.

Der eine Teil, der in etwa mit dem kleineren Knubbel des erdnussförmigen, länglichen Körpers zusammenfällt, hat eine Dichte von rund 2850 Kilogramm pro Kubikmeter. Dies entspricht in etwa der Dichte von Granit. Der andere, größere Teil, ist ganz anders: Seine Dichte lässt sich mit 1750 Kilogramm pro Kubikmeter mit der von dicht gepacktem Sand vergleichen.

Den entscheidenden Hinweis fanden die Forscher in der Rotation des Asteroiden. Bei kleinen und unregelmäßig geformten Körpern kann sich diese durch den Einfluss der Sonne verändern. Der Körper absorbiert die Lichtteilchen (Photonen) von der Sonne und gibt diese als Wärme an seine Umgebung ab. Wegen der unregelmäßigen Form geschieht das jedoch nicht an allen Stellen gleichmäßig, sodass unterm Strich ein winziges Drehmoment entsteht.

Im Fall von Itokawa sorgt dieses Drehmoment dafür, dass sich der Asteroid immer schneller dreht. Allerdings verringert sich die Zeit, die er für eine vollständige Rotation benötigt, nur um etwa 45 Millisekunden jährlich. Ein winziger Effekt, den die Forscher durch Vergleich von insgesamt zehn Datensätzen aus den Jahren von 2001 bis 2013 aufspüren konnten. Acht Teleskope aus den USA, aus Spanien und von der Europäischen Südsternwarte in Chile hatten in dieser Zeit ihren Blick auf den Asteroiden gerichtet und seine Helligkeitsänderungen mit hoher Genauigkeit aufgezeichnet. Aus diesen Daten bestimmten die Wissenschaftler schließlich die Rotationseigenschaften.

Auch die deutlich detaillierteren Beobachtungen von Hayabusa erwiesen sich als wertvoll. Aus der genauen Form des Asteroiden, den die Raumsonde vermessen hatte, lässt sich in theoretischen Rechnungen ebenfalls das wirksame Drehmoment bestimmen. Dabei fließen Annahmen etwa zur Dichte des Körpers ein. „Beide Ansätze ließen sich nur dann sinnvoll zur Deckung bringen, wenn man von einem zweigeteilten Körper mit sehr unterschiedlichen Dichten ausgeht“, erklärt Snodgrass.

Wie Itokawa zu dieser differenzierten inneren Struktur kam, ist noch unklar. Die Forscher vermuten, dass der längliche Körper aus dem Zusammenstoß zweier kleinerer entstand. So könnte Itokawa etwa aus einem System aus zwei Asteroiden hervorgegangen sein, die ursprünglich um einander kreisten und die dann kollabierten.

BK / HOR

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