Die Oberflächenkarte eines Braunen Zwergs

Astronomen untersuchen außerdem die Atmosphäre solch exotischer Gebilde

29. Januar 2014
Braune Zwerge sind verhinderte Sterne, in deren Innern die Kernfusion mangels Masse nicht zünden konnte. Jetzt haben Forscher, unter anderem aus dem Max-Planck-Institut für Astronomie, die erste Oberflächenkarte eines solchen Himmelskörpers veröffentlicht, außerdem Messungen, welche die Atmosphäre in unterschiedlichen Höhenlagen erfassen. Die Ergebnisse läuten eine neue Ära der Erforschung Brauner Zwerge ein, lassen sich doch zukünftig Modelle für die Wolkenbildung auf diesen Gebilden – und später auch auf riesigen Gasplaneten – anhand von Beobachtungen überprüfen.

Braune Zwerge sind sonderbar: Sie besitzen eine größere Masse als Planeten, sind aber nicht massereich genug, um in ihren Zentralbereichen die Kernfusion in Gang zu setzen. Im März 2013 verkündeten Forscher die Entdeckung eines Systems aus zwei einander umkreisenden Braunen Zwergen in einer Entfernung von nur 6,5 Lichtjahren. Damit bot sich die Gelegenheit, diese ungewöhnlichen Gebilde genauer zu untersuchen als jemals zuvor.

Jetzt haben Wissenschaftler zwei Studien zu diesen nach ihrem Entdecker als Luhman 16A und Luhman 16B bezeichneten Objekten veröffentlicht. Die erste unter der Leitung von Ian Crossfield vom Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie präsentiert etwas, das es für Braune Zwerge bisher überhaupt noch nicht gegeben hat: eine Oberflächenkarte von Luhman 16B, erstellt mit einem Doppler Imaging genannten Verfahren.

Die Methode nutzt aus, dass die Frequenzen des Lichts von einem Stern in ganz bestimmter Weise verschoben werden, während der Stern rotiert. Aus diesen systematischen Verschiebungen lässt sich eine ungefähre Karte der Sternoberfläche rekonstruieren.

Das funktioniert so, wie wenn man hoch über dem Äquator schweben und verfolgen würde, wie die Erde unter einem vorbeirotiert: Ein Objekt, das gerade in Sicht kommt, bewegt sich zunächst recht schnell auf einen zu; während es direkt unter einem vorbeiläuft, variiert sein Abstand so gut wie kaum; rotiert das Objekt schließlich über den gegenüberliegenden Horizont außer Sicht, dann ändert sich seine Distanz wieder deutlich schneller.

Die Bewegung in Richtung Beobachter oder von ihm weg lässt sich indirekt über den Dopplereffekt nachweisen: Licht verändert seine Wellenlänge in systematischer Weise, wenn die Quelle auf den Beobachter zu rast oder sich von ihm entfernt; das Ausmaß der Veränderung hängt davon ab, wie schnell die Bewegung erfolgt (und in welche der beiden Richtungen). Für hellere Flecken auf der Oberfläche eines rotierenden Sterns ergibt sich auf diese Weise ein Muster miteinander überlagerter Wellenlängenverschiebungen.

Für ihre Messungen nutzten die Wissenschaftler Daten, die sie im Mai 2013 mit dem Spektrografen CRIRES aufgenommen hatten; dieses Instrument ist an einem der Acht-Meter-Spiegel des Very Large Telescope am Paranal-Observatorium der Europäischen Südsternwarte (ESO) installiert.

„Frühere Beobachtungen haben bereits Hinweise darauf ergeben, dass Braune Zwerge eine gefleckte Oberfläche besitzen sollten“, sagt Crossfield. „Jetzt können wir solch eine Oberfläche direkt kartieren.“ Bei dem, was die Forscher sehen, dürfte es sich um eine unregelmäßige Wolkendecke handeln, nicht unähnlich der Oberfläche des Planeten Jupiter.

Die Karten, die Ian Crossfield und seine Kollegen erstellt haben, sind so etwas wie grobe Versionen von Wetterkarten, wie wir sie von Satellitenbildern unseres Heimatplaneten kennen. „In Zukunft sollten wir dabei zusehen können, wie auf Luhman 16B Wolken neu entstehen, sich entwickeln und wieder verschwinden“, sagt Crossfield. Vielleicht seien Exo-Meteorologen sogar irgendwann in der Lage vorherzusagen, wann ein Besucher auf Luhman 16B klaren oder bewölkten Himmel erwarten könnte.

Für uns Menschen dürfte die Vorhersage für Luhman 16B allerdings zu allen Zeiten „äußerst unangenehmes Wetter“ lauten: Bei Temperaturen von mehr als 1000 Grad Celsius schweben Wolken aus gasförmigem Eisen und verschiedenen Mineralen in einer Wasserstoffatmosphäre.

Die zweite Studie, die von Beth Biller geleitet wurde (jetzt an der Universität Edinburgh, während dieser Forschungen noch am Max-Planck-Institut für Astronomie) reicht im wörtlichen Sinne weiter in die Tiefe: Wenn hellere und dunklere Wolken ins Blickfeld rotieren und wieder außer Sicht geraten, dann ändert sich auch die Gesamthelligkeit des Braunen Zwergs.

Durch gleichzeitige Beobachtung der Helligkeitsveränderungen bei verschiedenen Wellenlängen haben Biller und ihre Kollegen rekonstruiert, was in unterschiedlichen Atmosphärenschichten von Luhman 16A und 16B passiert.

Die Messungen erfolgten gleichzeitig in sieben verschiedenen Wellenlängenbereichen. Wieviel Licht das Gas dabei jeweils aussendet, hängt direkt mit dessen Temperatur zusammen, und die sieben Wellenlängenbereiche entsprechen damit aller Wahrscheinlichkeit nach unterschiedlich tiefen Schichten verschiedener Temperatur in der Atmosphäre des Braunen Zwergs.

„Unsere Daten zeigen, dass das Wettergeschehen auf diesen Braunen Zwergen durchaus komplex ist“, sagt Biller. Die Wolkenstruktur variiere, je nachdem wie tief man in die Atmosphäre blicke. „Wir haben es definitiv mit mehr als einer einzigen Schicht zu tun.“

Die Helligkeitsmessungen von Biller und Kollegen wurden im April 2013 mit der astronomischen Kamera GROND am 2,2-Meter-Teleskop des La Silla-Observatorium der Europäischen Südsternwarte gewonnen. GROND wurde von der Hochenergie-Gruppe am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching in Zusammenarbeit mit der Landessternwarte Tautenburg und der ESO gebaut.

Die jüngsten Ergebnisse dürften Auftakt einer neuen Phase für die Erforschung Brauner Zwerge sein, in der Theoretiker Modelle für die Wolkenstruktur dieser Himmelskörper formulieren – und diese Modelle durch den Vergleich mit detaillierten Beobachtungen testen.

„Dabei sind unsere Beobachtungen nur der Anfang“, sagt Beth Biller. Mit der nächsten Generation von Teleskopen, insbesondere dem European Extremely Large Telescope mit seinem Spiegeldurchmesser von 39 Metern, sollten die Forscher Oberflächenkarten für noch entferntere Braune Zwerge erstellen können – und irgendwann dann auch einmal für junge Gasplaneten anderer Sterne.

HOR / MP

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