Herzeigene Stammzellen tragen zur Regeneration bei

Sca1-Stammzellen ersetzen kontinuierlich alternde Herzmuskelzellen

28. November 2013

Bis vor wenigen Jahren war gängige Lehrbuchmeinung, dass das Säugerherz keine nennenswerte Regenerationsfähigkeit besitzt. Mittlerweile ist aber bekannt, dass doch eine kontinuierliche Erneuerung der Herzmuskelzellen stattfindet, allerdings auf sehr niedrigem Niveau. Forscher vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim haben nun eine dafür verantwortliche Stammzellpopulation identifiziert. Dadurch wächst die Hoffnung, zukünftig bei Patienten mit Erkrankungen des Herzmuskels die Selbstheilungskräfte zu stimulieren und so neue Therapiemöglichkeiten zu entwickeln.

Den Jungbrunnen, die Quelle der ewigen Jugend, scheinen einige Wirbeltiere zumindest in Bezug auf das Herz gefunden zu haben. So besitzt dieses wichtige Organ beispielsweise bei vielen Amphibien und Fischen eine ausgeprägte Fähigkeit zur Regeneration und Selbstheilung. Einige Arten aus den beiden Tiergruppen haben dies gar perfektioniert und können Schädigungen des Herzgewebes vollständig reparieren und so die Funktionsfähigkeit des Organs komplett erhalten.

Anders ist dies hingegen bei Säugetieren, deren Herz lediglich eine sehr geringe Regenerationsfähigkeit besitzt. Lange glaubte man, dass die Herzmuskelzellen bei Säugern kurz nach der Geburt ihre Zellteilungsaktivität einstellen. Zudem ging man davon aus, dass im Säugerherz keine Stammzellen vorhanden sind, aus denen sich neue Herzmuskelzellen bilden können. Allerdings weisen neue Studien darauf hin, dass auch im Säugerherz ein Austausch gealterter Muskelzellen stattfindet. Experten schätzen aber, dass lediglich zwischen einem und vier Prozent der Herzmuskelzellen pro Jahr erneuert werden.

Wissenschaftlern aus der Arbeitsgruppe von Thomas Braun vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung ist es nun gelungen, bei Mäusen eine Stammzellpopulation zu identifizieren, die maßgeblich zu dieser Erneuerung von Herzmuskelzellen beiträgt. In Experimenten mit genetisch veränderten Mäusen konnten die Bad Nauheimer Forscher zeigen, dass die als Sca1-Stammzellen bezeichneten Zellen im gesunden Herz an einem kontinuierlichen Austausch von Herzmuskelzellen beteiligt sind. Zudem nimmt die Aktivität der Sca-1-Zellen im Falle einer Schädigung des Herzens zu, so dass deutlich mehr neue Herzmuskelzellen gebildet werden.

Da im Vergleich zur Masse der Herzmuskelzellen nur eine verschwindend kleine Zahl der Zellen im Herz Sca-1 Stammzellen sind, glich die Suche nach ihnen der nach der Nadel im Heuhaufen. „Zusätzlich standen wir vor dem Problem, dass Sca-1 als Markerprotein für Stammzellen nach deren Umwandlung in Herzmuskelzellen nicht mehr in den Zellen vorhanden ist. Für den Nachweis mussten wir uns deshalb eines Kunstgriffs bedienen“, so Projektleiter Shizuka Uchida.  Dazu veränderten die Max-Planck-Forscher die Stammzellen durch einen genetischen Eingriff derart, dass sie zusätzlich zum Sca-1 noch einen sichtbaren Marker herstellten. Selbst wenn Sca-1 später nicht mehr sichtbar war, blieb der Marker dauerhaft nachweisbar.

„Wir konnten auf diese Weise feststellen, dass der Anteil an Herzmuskelzellen, die auf Sca-1-Stammzellen zurückgingen, bei gesunden Mäusen kontinuierlich zunahm. Innerhalb von 18 Monaten haben sich rund fünf Prozent der Herzmuskelzellen erneuert“, so Uchida. Darüber hinaus besaßen Mäuse, die an einer experimentell ausgelösten Herzerkrankung litten, bis zu dreimal mehr dieser neu gebildeten Herzmuskelzellen.

„Die Daten zeigen, dass das Säugerherz prinzipiell dazu in der Lage ist, Regenerations- und Erneuerungsprozesse anzustoßen. Unter normalen Umständen sind diese aber nur unzureichend und können eine Schädigung des Herzens letztendlich nicht heilen“, sagte Braun. Ziel sei es nun Wege zu finden, über welche die Bildung neuer Herzmuskelzellen aus den Herzstammzellen verbessert werden können und auf diese Weise die Selbstheilungskräfte des Herzens zu stärken.

MH/HR

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