Der kleinste Speicher der Welt

Die Kontrolle über das magnetische Moment einzelner Atome eröffnet neue Möglichkeiten für kompakte Datenspeicher und Quantencomputer

13. November 2013
Ein Bit pro Atom: Nach diesem Prinzip würde man gerne die magnetischen Datenspeicher der Zukunft bauen. Diesem Ziel ist ein Team um Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Max-Planck-Instituts für Mikrostrukturphysik in Halle und der Universität Leipzig nun einen großen Schritt näher gekommen. Sie haben ein einzelnes Holmiumatom so auf einer Metalloberfläche fixiert, dass der Spin eines Holmiumelektrons über 10 Minuten stabil blieb, wie sie in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Nature berichten. Der Spin lässt sich anschaulich als Drehsinn eines Elektrons verstehen und gibt diesem ein magnetisches Moment, das sich in einem äußeren Magnetfeld in zwei Richtungen orientieren kann. Heutzutage ist noch ein Verbund von mehreren Millionen Atomen nötig, damit ein magnetisches Bit so stabil bleibt, dass Festplattendaten über Jahre sicher sind.

„Ein einzelnes Atom fixiert auf einer Unterlage ist meist so empfindlich, dass es nur Bruchteile einer Mikrosekunde (200 Nanosekunden) seine magnetische Ausrichtung beibehält“, erklärt Wulf Wulfhekel vom Karlsruher Institut für Technologie. Zusammen mit Kollegen des Max-Planck-Instituts für Mikrostrukturphysik, der Universität Leipzig und der Universität Halle hat er es nun geschafft, diese Zeit um einen Faktor von etwa einer Milliarde auf mehrere Minuten zu verlängern. „Dies öffnet nicht nur das Tor zu dichteren Computerspeichern, sondern könnte auch für den Aufbau von Quantencomputern einen Grundstein legen“, so Wulfhekel. Quantencomputer basieren auf den quantenphysikalischen Eigenschaften von atomaren Systemen und könnten zumindest in der Theorie manche Rechenaufgaben um ein Vielfaches schneller lösen als klassische Computer.

In dem aktuellen Experiment setzten die Forscher ein einzelnes Atom des Seltenen-Erden-Metalls Holmium auf eine Platinunterlage. Bei Temperaturen nahe am absoluten Nullpunkt, nämlich circa minus 272 Grad Celsius, vermaßen sie mittels der feinen Spitze eines Rastertunnelmikroskops, wie sich der Spin des Atoms und mithin sein magnetisches Moment ausrichtete. Dabei beobachteten sie, dass das magnetische Moment erst nach circa zehn Minuten seine Richtung wechselte. „Das System hält seinen einmal eingestellten magnetischen Spin somit rund eine Milliarde Mal länger als vergleichbare atomare Systeme“, so Wulfhekel. Für das Experiment nutzten die Forscher ein neuartiges Rastertunnelmikroskop des KIT. Dank einer speziellen Kühlung für den Temperaturbereich nahe dem absoluten Nullpunkt ist es besonders vibrationsarm und erlaubt lange Messzeiten.

„Um die Spin-Umklapp-Zeiten zu verlängern, haben wir den störenden Einfluss der Umgebung des Atoms ausgeblendet“, erklärt Arthur Ernst, der am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik und an den Universitäten Leipzig und Halle forscht und lehrt. Er und seine Mitarbeiter haben es mit theoretischen Rechnungen ermöglicht, die Experimente der Karlsruher Kollegen zu interpretieren.

Normalerweise stoßen die Elektronen der Unterlage und des Atoms quantenmechanisch rege miteinander und destabilisieren den Spin des Atoms in Mikrosekunden oder schneller. Holmium und Platin bilden jedoch ein Quantensystem, dessen Symmetrieeigenschaften die störenden Wechselwirkungen bei tiefen Temperaturen ausschalten. „Im Grunde sind Holmium und Platin füreinander in Bezug auf die Spinstreuung unsichtbar“, so Ernst. Mittels externer Magnetfeldern ließe sich der Spin des Holmiums aber noch einstellen und so Informationen schreiben. Genau das will das Forscherteam nun versuchen. Wenn ihnen das gelingt, wären damit die Grundlagen für die Entwicklung kompakter Datenspeicher oder Quantencomputer gelegt.

KIT/PH

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