Westafrikanische Fledermäuse – kein Paradies für Malaria-Erreger

Westafrikanische Fledermäuse beherbergen große Vielfalt unterschiedlicher Haemosporidien

16. Oktober 2013

Fledermäuse machen in Europa in der Regel als gefährdete Arten von sich Reden, die vor allem durch den Verlust ihres Lebensraums bedroht sind. In den letzten Jahren sind Fledermäuse aber auch immer mehr in den Fokus von Infektionsmedizinern gerückt. Sie beherbergen nämlich erstaunlich viele Krankheitserreger, von denen einige auch dem Menschen gefährlich werden können. Forscher des Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie und dem Museum für Naturkunde in Berlin sowie dem American Museum of Natural History haben nun in westafrikanischen Fledermäusen vier Gattungen von Parasiten identifiziert, die mit dem Malaria-Erreger eng verwandt sind. Darunter sind Erreger der Gattung Plasmodium, aus der auch die Arten stammen, die beim Menschen Malaria hervorrufen. Die Fledermaus-Plasmodien sind denen von Nagetieren sehr ähnlich und könnten deshalb dabei helfen, die Verteidigungsstrategien der Malaria-Erreger gegen Reaktionen des Immunsystems zu erforschen.

Fledermäuse können verschiedene Krankheiten auf den Menschen übertragen. Die Liste an Krankheitserregern, denen sie als natürliches Reservoir dienen, ist lang und enthält das Who-is-who gefürchteter Killerviren: Ebola-, Marburg-, Nipah-, Hendra und Lyssa-Viren. Auch die SARS-Epidemie 2002 in Asien sowie die Übertragung eines bislang unbekannten Virus auf den Menschen 2013 im Nahen Osten (MERS) gehen auf Viren zurück, die von Fledermäusen auf den Menschen übergesprungen sind. Das Immunsystem der Fledermäuse hält all diese Viren sehr gut in Schach. Dagegen verlaufen die Infektionen bei Menschen oft tödlich.

Die Forscher haben nun in westafrikanischen Fledermäusen auch eine erstaunliche Vielfalt von Blutparasiten gefunden. Sie haben 31 Fledermaus-Arten aus dem westafrikanischen Regenwald in Guinea, Liberia und der Elfenbeinküste auf das Vorkommen von Parasiten, die die roten Blutzellen befallen, untersucht. 40 Prozent der rund 270 analysierten Tiere waren mit Parasiten der Gattungen Plasmodium, Polychromophilus, Nycteria und Hepatocystis befallen. Mindestens zwei Plasmodium-Arten kommen der Studie zufolge bei Fledermäusen vor. Die Fledermaus-Erreger weisen dabei große Ähnlichkeit mit denen von Nagetieren auf. „In den Tropen leben verschiedene baumbewohnende Nager-Arten in der Nähe zu den Fledermäusen, die in Baumhöhlen schlafend wahrscheinlich von denselben Moskitos gestochen werden. Dadurch scheinen leicht Parasiten von einer Tiergruppe zur anderen zu wechseln“, erklärt Juliane Schaer vom Berliner Max-Planck-Institut.

Plasmodien sind die Erreger der Malaria, der weltweit bedeutendsten Vektor-übertragenen Infektionskrankheit. Die Einzeller vermehren sich in unterschiedlichen Wirtszellen und durchlaufen dabei einen komplizierten Lebenszyklus mit zwei Wirten. Sie pflanzen sich in Insekten, in der Regel der Anopheles-Mücke, sexuell fort. Eine asexuelle Vermehrung erfolgt nach einem Mückenstich in unterschiedlichen Klassen von Wirbeltieren. Mit Hilfe eines Erbgutvergleichs konnten die Forscher einen Stammbaum der Haemosporidien bei Fledermäusen erstellen. Demnach haben die Erreger unter den Säugetieren als Erstes Fledermäuse infiziert. „Später in der Evolution sind sie dann auf Nagetiere und Primaten übergesprungen“, sagt Susan Perkins vom American Museum of Natural History in New York.

Warum Fledermäuse so vielen Mikroorganismen als Wirte dienen, ist noch nicht völlig geklärt. „Eine Rolle spielt sicherlich, dass sie eine evolutionär sehr alte Tiergruppe sind, die zudem eine große Anzahl unterschiedlicher Arten umfasst. Darüber hinaus begünstigt ihre Flugfähigkeit und die Neigung, sich in großen Gruppen zusammen zu finden, die Ausbreitung von Parasiten“, erklärt Schaer.

Als Folge dieser Bedrohung durch Krankheitserreger haben Fledermäuse ein hoch entwickeltes Immunsystem ausgebildet. Dies könnte die Erklärung für den Befund der Wissenschaftler sein, dass manche Fledermaus-Arten zu über 60 Prozent mit Haemosporidien infiziert sind und die Erreger in Schach halten ohne zu erkranken. „Außerdem findet die rasche asexuelle Vermehrung  bei den Gattungen Polychromophilus, Nycteria und Hepatocystis in Fledermäusen nicht mehr in den roten Blutkörperchen statt wie beim Menschen, sondern ausschließlich in Leberzellen. Diese Leberphase ist auch beim Menschen klinisch nicht bemerkbar. Vielleicht hat das effektive Immunsystem die Erreger aus den Blutzellen verjagt und sie mussten sich auf die Ausbreitung in der Leber beschränken“, sagt Kai Matuschewski, Leiter der Forschungsgruppe Parasitologie am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie.

Für die Forscher bieten die Fledermaus-Haemopsoridien die Chance, die Anpassungen der Erreger an neue Organismen und damit Immunreaktionen eines Organismus zu erforschen. Darüber hinaus lässt sich auch etwas über die Malaria-Erreger beim Menschen lernen. Viele Studien zu Impfstoffen und Anti-Malaria-Medikamenten nutzen Mäuse als Modellsystem. Da die Fledermaus-Erreger ihren Verwandten in den Nagetieren so ähnlich sind, könnten sie möglicherweise leicht auf Mäuse übertragen und untersucht werden.

HR

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