Machtkämpfe lieber ohne Öffentlichkeit

Zuschauer beeinflussen zukünftigen Status nach Rivalenkämpfen bei Wachteln

5. April 2013

Bei Tieren erhöht ein gewonnener Kampf die Wahrscheinlichkeit, auch künftige Kämpfe zu gewinnen. Dies gilt umgekehrt ebenso für Niederlagen. Inwieweit das Geschlechtshormon Testosteron dabei eine Rolle spielt, haben nun Forscher vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen untersucht. Sie testeten bei der Japanischen Wachtel, ob die Anwesenheit von Zuschauern das Verhalten und die Hormonwerte nach einem Kampf verändern. Es zeigte sich, dass nach einem Konflikt ohne Zuschauer sowohl Gewinner als auch Verlierer erhöhte Testosteronwerte aufwiesen. Außerdem konnten sowohl Gewinner als auch Verlierer ihren sozialen Status innerhalb ihrer Gruppe beibehalten. Mit Zuschauern galt dies zwar weiterhin für Gewinner, nicht aber für die Verlierer von Kämpfen: Diese zeigten weder erhöhte Testosteronwerte, noch konnten sie ihren Dominanzstatus in der Gruppe aufrechterhalten. Eine informierte Zuschauerschaft bestimmte also den zukünftigen Erfolg eines Männchens, Testosteron hingegen spielte dabei nur eine untergeordnete Rolle.

Kämpfe um Reviere und Paarungspartner sind bei Tieren weit verbreitet und werden meist von Männchen ausgefochten. Dabei spielt das Geschlechtshormon Testosteron eine entscheidende Rolle. Oft steigt dessen Konzentration während eines Kampfes an drastisch an. Jedoch können die soziale Umgebung und die Umwelt, in der sich die Rivalen befinden, den  Zusammenhang zwischen Testosteron und Dominanz beeinflussen. Erfahrung spielt eine Rolle, z.B. wie oft sich die Kontrahenten auf einen Konflikt einlassen und ob sie einander bereits zuvor begegnet sind. Ebenso entscheidend kann sein, ob das Kampfgeschehen von Zuschauern beobachtet wird. Auch beim Menschen können die Zuschauer entscheidend den Ausgang eines Wettbewerbs beeinflussen.

Den Einfluss von Zuschauern auf den künftigen sozialen Status nach einem Kampf  untersuchten nun auch Wissenschaftler um Katharina Hirschenhauser vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen mit Unterstützung der Humboldt-Gesellschaft. Sie hielten Wachteln in sozialen Gruppen, die aus je zwei Männchen (einem dominanten und einem untergeordneten) und drei Weibchen bestanden. Treffen zwei dominante Wachtelmännchen aufeinander, kommt es unweigerlich zum Kampf. Die Wissenschaftler beobachteten solche Kämpfe in einer zentralen Arena. Dabei durften die Mitglieder der jeweiligen sozialen Gruppe in manchen Fällen den Kämpfen zuschauen, in anderen nicht. Während der durchschnittlich sieben Minuten dauernden Kampfphase attackierten die späteren Gewinner des Kampfes die Rivalen im Schnitt 29 Mal. Obwohl es bei den Kämpfen natürlicherweise recht ruppig zugeht, tragen die Kontrahenten keine ernsthaften Schäden davon.

Die Gewinner behielten ohne Ausnahme ihren Dominanzstatus bei (“Sieger-Effekt“). Die Verlierer hingegen wurden nach dem Zurücksetzen in ihre soziale Gruppe häufig von allen Gruppenmitgliedern „verprügelt“ und verloren ihren Dominanzstatus an das jeweilige vormals untergeordnete Männchen der Gruppe (“Verlierer-Effekt“). Ohne Zuschauer konnten jedoch auch die Verlierer ihren Dominanzstatus beibehalten.

Wie erwartet, erhöhten sich ohne Zuschauer die Testosteronwerte nach dem Kampf. Dies geschah unabhängig davon, ob die Wachtel den Kampf gewonnen oder verloren hatte. Nach einem Kampf mit Zuschauern hingegen wiesen die Verlierer keine erhöhten Testosteronspiegel auf. Die Gewinner hingegen zeigten einen ähnlichen Anstieg wie Wachteln, die ohne Zuschauer kämpften. Um zu sehen, ob ein Statuswechsel bei verlorenem Kampf mit Publikum physiologisch verhindert werden kann, behandelten die Wissenschaftler die Verlierer mit Testosteron, das sie unmittelbar nach dem Kampf mittels einer Creme auf die Haut auftrugen. Durch diese Behandlung wurde die Aggressionsbereitschaft der Verlierer stark beeinflusst, die nun verstärkt den untergeordneten Hahn der jeweiligen sozialen Gruppe jagten und dadurch langfristig dominant blieben. Das deutet eigentlich auf einen starken Einfluss von Testosteron auf den „Sieger-Effekt“ hin.

Doch die Wissenschaftler gingen noch weiter: sie injizierten den Siegern direkt nach dem Kampf einen Testosteronblocker und beobachteten ihr Verhalten in ihrer Gruppe. Obwohl Testosteron bei diesen Hähnen temporär keine Wirkung hatte, konnten die Gewinner ihren sozialen Status beibehalten. „Es ist vor allem die öffentliche Information für die zukünftigen Chancen des Verlierers ausschlaggebend. Dem Sieger ist sowohl Testosteron als auch das Publikum egal, er scheint allein aus der Erfahrung seinen „Siegerblick“ zu tragen.  Jedenfalls gab es hier keinen kausalen Zusammenhang zwischen Testosteron und dem Gewinner-Effekt“, fasst Katharina Hirschenhauser, Erstautorin der Studie zusammen. Im nächsten Schritt wäre es interessant zu untersuchen, wie sich die Kämpfer verhalten, wenn sie die Zuschauer nicht wahrnehmen können, diese jedoch die Kämpfer beobachten könnten, die Information also nur in eine Richtung fließt.

SL/HR

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