Epigenetische Ursachen von Prostatakrebs

Verändertes Methylierungsmuster der DNA kann zu unkontrolliertem Wachstum von Prostatazellen führen

28. August 2012

Bei etwa der Hälfte der Prostatatumore sind zwei Genbereiche miteinander verschmolzen. Bislang war jedoch unklar, auf welche Weise Krebszellen in Prostatatumoren entstehen, in denen dies nicht der Fall ist. Jetzt konnten Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik in Berlin in Zusammenarbeit mit einem internationalen Forscherteam zeigen, dass die Entstehung dieses sogenannten fusionsnegativen Prostatakrebs epigenetische Ursachen hat: In den Krebszellen sind Methyl-Gruppen anders über die DNA verteilt als bei gesunden Zellen. Mit diesen Erkenntnissen könnten Mediziner zukünftig Prostatatumore gezielter behandeln. Außerdem lassen sich die abweichenden DNA-Methylierungen auch als möglicher Biomarker zur Identifizierung des Prostatakrebs einsetzen.

In schätzungsweise der Hälfte der Fälle entsteht Prostatakrebs durch die Fusion zweier Genbereiche. Bei diesen fusionspositiven Zellen wird dadurch das ERG-Gen aktiv, sodass sich die Prostatazellen unkontrolliert vermehren und es zur Tumorbildung kommt. Fusionspositiver Prostatakrebs kann mit Hilfe von PARP1-Hemmern behandelt werden, die das Reparatursystem der Tumorzellen ausschalten und damit die Zellen abtöten.  

Wie Prostatatumore ohne fusioniertes ERG-Gen entstehen, war bislang jedoch noch unklar. Nun haben Max-Planck-Wissenschaftler um Michal-Ruth Schweiger gezielt das DNA-Methylierungsmuster – also an welchen Stellen die DNA mit Methyl-Gruppen versehen ist – der fusionsnegativen Tumore untersucht. Dabei haben sie entdeckt, dass im Vergleich zu den fusionspositiven Tumoren die fusionsnegativen Tumore mehr abweichende DNA-Methylierungen aufweisen, die die Funktion der Erbinformation beeinträchtigen und damit die Bildung von Tumoren fördern. Dieses typische Muster könnten Mediziner möglicherweise künftig auch nutzen, um Prostatakrebs zu diagnostizieren.

Die Wissenschaftler haben zudem große Mengen des Enzyms EZH2 in den Zellen der Tumore gefunden. Diese Histonmethyltransferase überträgt Methylgruppen auf die Verpackungsproteine der DNA, die Histone. Zusätzlich wird bei diesem Vorgang auch die DNA vermehrt methyliert. EZH2 ist mit hoher Wahrscheinlich­keit die Ursache für die vielen abweichenden DNA-Methylierungen in den Zellen. „Für die erhöhte Konzentration des Enzyms ist die Mikro-RNA miRNA-26a verantwortlich“, erläutert Schweiger, „denn sie hemmt die Herstellung des Enzyms. In den Prostatatumorzellen konnten wir nur wenig miRNA-26a finden, es kann also viel Histonmethyltransferase produziert werden.“

Durch ihre Erkenntnissen erhoffen sich die Forscher Fortschritte bei der Krebsbehandlung: „Neue Medikamente gegen den fusionsnegativen Prostatakrebs könnten gezielter und damit auch effektiver wirken. Möglicherweise beruhen auch andere Krebs-Subformen auf solchen starken epigenetischen Veränderungen“, so Schweiger. Dabei ist der Einsatz von Hemmstoffen denkbar, die entweder die Histonmethyltransferase oder die mikro-RNA angreifen.

SB/HR

Zur Redakteursansicht