Schimpansen-Tod durch Menschen-Virus

Die Öffnung von Gorilla- und Schimpansen-Reservaten für den Tourismus wird oft als Schlüssel für die Bewahrung dieser gefährdeten Menschenaffen angesehen. Allerdings gibt es Bedenken, dass Touristen die Tiere durch die Übertragung von Krankheitserregern gefährden

24. Januar 2008

Neue Forschungsergebnisse des Robert Koch-Instituts und des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie bestätigen nun die Bedrohung: Die Forscher fanden erstmals einen direkten Beleg für die Virusübertragung von Menschen auf Menschenaffen. Allerdings zeigt die in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlichte Studie von Sophie Köndgen und Kollegen auch, dass Forschung und Tourismus illegale Wilderei verringern. Dieser schützende Effekt überwiegt eindeutig die Sterblichkeit bei Schimpansen durch den Eintrag menschlicher Krankheitserreger (Current Biology, 24. Januar 2008)

"Die Ergebnisse zeigen, dass es wichtig ist, die Wechselwirkungen zwischen Krankheitserregern bei Wildtieren und Menschen intensiv zu erforschen", sagt Reinhard Kurth, Präsident des Robert Koch-Instituts. "Sie erinnern auch an das Potenzial bislang unbekannter Krankheitserreger im Tierreich", unterstreicht der Virologe.

Die Studie nutzt einen multidisziplinären Ansatz, mit Methoden aus der Verhaltensökologie, Veterinärmedizin, Virologie und Populationsbiologie, um die Spuren der menschlichen Krankheitserreger in zwei Schimpansen-Gruppen im Taï-Nationalpark an der Elfenbeinküste zu verfolgen. Gewebeproben von Schimpansen, die bei einer Serie von Krankheitsausbrüchen seit 1999 starben, testeten die Forscher positiv auf zwei typische Erreger von Atemwegserkrankungen bei Menschen, das "Respiratory Syncytal Virus" (RSV) und das Metapneumovirus. Die Virusstämme, die die Wissenschaftler bei Schimpansen fanden, waren nah verwandt zu weltweit verbreiteten (pandemischen) Stämmen, die gegenwärtig in menschlichen Bevölkerungsgruppen zirkulieren. Daher dürfte die Übertragung auf die Tiere noch nicht lange zurückliegen. Klinische Beobachtungen und demografische Analysen geben Hinweise auf frühere Ausbrüche bei den Tieren.

Die Präsenz von Touristen und Wissenschaftlern hat jedoch auch starke positive Effekte. Untersuchungen zeigten, dass sich die Wilderer-Aktivitäten in Naturreservaten erheblich verringerte. Die Schimpansen-Dichte sowohl im Umfeld der Forschungsaktivitäten als auch an einem nahegelegenen Tourismus-Gebiet waren daher viel höher als in den übrigen Gebieten des Nationalparks.

"Es muss stärker auf Hygiene-Maßnahmen beim Menschenaffen-Tourismus und bei Forschungsteams geachtet werden", fordern Fabian Leendertz, Senior-Autor der Veröffentlichung, und Co-Autor Christophe Boesch, Direktor des Schimpansen-Projektes. Die beiden Wissenschaftler vom RKI beziehungsweise vom MPI in Leipzig untersuchen seit Jahren gemeinsam Krankheitserreger bei Wildtieren. "Der multidisziplinäre Forschungsansatz ist nötig, um die unterschiedlichen Aspekte eines effektiven Menschenaffen-Schutzes zu vereinen", unterstreicht Paul N`Goran, Wissenschaftler am MPI und am Schweizer Forschungszentrum der Elfenbeinküste.

Die Forschergruppe aus Leipzig und Berlin hatte bereits 2004 im Fachmagazin "Nature" die ersten jemals beobachteten Fälle von Anthrax (Milzbrand) bei wildlebenden Schimpansen vorgestellt. Anfang 2006 berichteten sie über eine bisher unbekannte Variante des Milzbranderregers, den sie bei drei Schimpansen und einem Gorilla in Kamerun entdeckt hatten.

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