Max-Planck-Forscher in globaler Verantwortung

Internationales Konsortium sucht nach Biomarkern für natürliche Immunantwort gegen Tuberkulose / Förderung durch die Bill & Melinda Gates-Stiftung mit 13 Mio. US-Dollar

28. Juni 2005

Heute sind mehr als zwei Milliarden von insgesamt sechs Milliarden Menschen auf der Erde mit dem Tuberkulose-Erreger infiziert, und alle 15 Sekunden stirbt jemand an dieser Krankheit. Um die zerstörerischen sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Tuberkulose zu beseitigen, sind neue Behandlungs- und Präventionsstrategien nötig. In einem internationalem Großprojekt unter Leitung von Prof. Stefan H.E. Kaufmann, Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, Berlin, sollen die molekularen Abwehrmechanismen, die für den Schutz gegen Tuberkulose verantwortlich sind, detailliert aufgeklärt werden. Die Forscher wollen herausfinden, worin sich das Immunsystem von Menschen, die der Tuberkulose ausgesetzt oder sogar mit ihr infiziert sind und dennoch nicht krank werden, von jenen Personen unterscheidet, die daran erkranken. Konkret geht es darum, Biomarker, also (molekular-) biologische Indikatoren zu identifizieren, die dringend gebraucht werden, um einen verbesserten Impfstoff entwickeln und erproben zu können.

Tuberkulose ist weiterhin eine der größten "Geisseln" der Menschheit, insbesondere in Ländern mit geringem Einkommen. Jährlich erkranken mehr als 8 Millionen Menschen, weitere 2 Millionen sterben daran. Inzwischen nimmt man an, dass ein Drittel der Weltbevölkerung latent mit dem Tuberkulose-Erreger infiziert ist. Mit der schnellen Ausbreitung von HIV/AIDS steigt auch das Tuberkuloserisiko dramatisch an - in Afrika ist eine Infektion mit HIV schon jetzt die wichtigste Ursache für den beängstigenden Anstieg der Tuberkulose-Erkrankungen.

Doch trotz der Möglichkeit, Tuberkulose-Patienten medikamentös zu behandeln, und trotz der weit verbreiteten Impfung Neugeborener mit dem derzeit verfügbaren Impfstoff Bacille-Calmette-Guerin (BCG) ist die latente Tuberkulose auf diesem Wege nicht in den Griff zu bekommen. Neue Behandlungsmaßnahmen, insbesondere aber ein Impfstoff, der die latente Tuberkulose-Infektion in Schach halten kann, werden dringend benötigt. Eine solche Impfung wäre zugleich der kostengünstigste Weg, um die Tuberkulose weltweit unter Kontrolle zu bringen. Sie würde die medikamentöse Behandlung ideal ergänzen.

Doch die Entwicklung eines effektiven neuen Impfstoffs gegen Tuberkulose wird entscheidend dadurch behindert, dass wir die Mechanismen, die für die schützende Immunität gegen eine natürliche Infektion mit dem Tuberkulose-Erreger verantwortlich sind, immer noch nicht kennen. Deshalb will das internationale Forscherkonsortium unter Leitung von Prof. Kaufmann die für den Schutz wie für die Krankheit verantwortlichen Immunmechanismen aufklären und auf diese Weise die für diese Krankheit relevanten Biomarker identifizieren. Damit könnte dann die Wirksamkeit eines neuen Tuberkulose-Impfstoffs effizient überprüft werden.

Das Forschungskonsortium wird modernste molekulare und immunologische Analysemethoden nutzen, um die Immunantwort gegen den Tuberkulose-Erreger aufzuklären. Die Forscher wollen direkt in jenen Ländern, in denen die Tuberkulose stark präsent ist, untersuchen, welche Mechanismen für die natürlichen Infektion verantwortlich sind, welchen Einfluss eine HIV-Infektion und ihre Behandlung darauf hat und wie hier eine Impfung mit BCG bzw. einem neuen Impfstoffkandidaten wirkt.

An dem Konsortium sind 15 Laboratorien aus Afrika, den USA und Europa (Deutschland, Niederlande, Großbritannien und Dänemark) beteiligt. Die Untersuchungen werden in fünf verschiedenen Tuberkulose-endemischen Gebieten Afrikas (Gambia, Äthiopien, Uganda, Malawi und Südafrika) durchgeführt. Die beteiligten Wissenschaftler sind ausgewiesene Tuberkulose-Experten und verfügen in ihren Instituten über die erforderliche Infrastruktur. In nahezu idealer Weise werden dabei Experten unterschiedlichster Disziplinen zusammenarbeiten: Kliniker, Epidemiologen, Mikrobiologen, Genomforscher sowie molekulare und zelluläre Immunologen.

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