Milzbrand bald heilbar?

Max-Planck-Forscher entdecken ein für Anthrax-Bakterien tödliches Protein

11. November 2005

Forscher vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin ist es gelungen, den molekularen Mechanismus aufzuklären, der entscheidet, ob eine Infektion mit dem Milzbrand-Erreger (Anthrax) harmlos oder tödlich verläuft. Die entscheidende Rolle - so die Forscher in der neuesten Ausgabe von PloS Pathogen (Oktober 2005) - spielt dabei eine bestimmte Sorte weißer Blutkörperchen, die Neutrophilen Granulozyten. Sie produzieren ein auf Milzbrand-Bakterien tödlich wirkendes Protein, alpha-Defensin. Die Forscher hoffen nun, dass mit einer auf dieser Entdeckung basierenden Immuntherapie die häufig tödlich verlaufende Lungenform des Milzbrandes besser behandelt werden kann.

Das Bakterium Bacillus anthracis ist der Erreger der beim Menschen häufig tödlich verlaufenden Infektionskrankheit Milzbrand (Anthrax). Besonders gefährlich sind die Sporen des Erregers, extrem widerstandsfähige Dauerformen, die Jahre überleben können. Werden sie eingeatmet, so keimen sie in der Lunge aus, vermehren sich und führen schließlich zu dem besonders gefürchteten Lungenmilzbrand. Diese Form von Anthrax verläuft meist tödlich. Gelangen Sporen von Bacillus anthracis auf die Haut, ist das Krankheitsbild dagegen weitaus harmloser, die Infektion breitet sich nicht aus. Der Hautmilzbrand kann gut behandelt werden und die Patienten werden in der Regel wieder gesund.

Als im Jahr 2001 mit Anthrax verseuchte Briefe in den USA wiederholt verschickt und in den Poststellen geöffnet wurden, wurden dabei in mehreren Fällen die Sporen eingeatmet. In der Folge starben in den USA fünf Menschen an Lungenmilzbrand.

Forscher vom Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie aus der Gruppe um Arturo Zychlinsky haben nun herausgefunden, warum Hautmilzbrand im Gegensatz zu Lungenmilzbrand zumeist harmlos verläuft. Nach dem Hautkontakt mit Anthraxsporen wandern weiße Blutkörperchen, die Neutrophilen Granulozyten, in die Haut ein. Sie nehmen die Sporen auf, die innerhalb der Fresszellen auskeimen. Erst jetzt können die Bakterien angegriffen werden. Innerhalb der Granulozyten wird Bacillus anthracis sehr schnell abgetötet und kann sich nicht ausbreiten. Den Berliner Forschern ist es gelungen, das Molekül zu identifizieren, das für das Abtöten der Bakterien entscheidend ist: Nach langwierigen Fraktionierungen von Konzentraten aus Granulozyten blieb ein einziges Protein übrig, das ausreicht, um Anthrax-Bakterien zu vernichten, das sogenannte alpha-Defensin.

In der Lunge allerdings greift dieser Mechanismus nicht. Hier sind die Neutrophilen Granulozyten nicht zahlreich genug, sodass die inhalierten Sporen ungehindert auskeimen können, und die Infektion sich ausbreitet. Die Max-Planck-Forscher hoffen nun, dass ihre Entdeckung in Zukunft neue Behandlungsmöglichkeiten für Lungenmilzbrand eröffnet. So könnte inhaliertes alpha-Defensin möglicherweise in der Lunge ausgekeimte Anthraxsporen abtöten und damit die Ausbreitung der Bakterien verhindern.

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