Kooperation für einen neuen Tuberkulose-Impfstoff

Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie und MOLOGEN entwickeln neuen modularen Tuberkulose-Impfstoff

8. Oktober 2004

Einen Kooperationsvertrag über die Entwicklung eines neuartigen präventiven modularen DNA-Impfstoffs gegen Tuberkulose (TB) haben das Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie (MPI-IB) und die MOLOGEN AG jetzt in Berlin unterzeichnet. Modulare ("subunit"-) Impfstoffe bestehen aus definierten molekularen immunogenen Bausteinen. Die Abteilung Immunologie des MPI-IB erforscht unter der Leitung ihres Direktors Prof. Dr. Stefan H. E. Kaufmann die Wirt-Erreger Interaktionsmechanismen bei Infektionen und entwickelt neuartige Impfstrategien. Sie ist weltweit führend im Bereich der Tuberkulose-immunologischen Forschung. MOLOGEN verfügt über eigene DNA-Technologien, mit denen Medikamente für bisher nicht oder nur unzureichend behandelbare Krankheiten entwickelt werden können. Mit MIDGE (Minimalistic Immunogenically Defined Gene Expression, minimalistische Expressionsvektoren) hat MOLOGEN eine einzigartige, sichere und effiziente Technologie für diese neue Impfstoff-Generation entwickelt.

Mit jährlich über 2 Millionen Todesfällen und 9 Millionen Neuinfektionen fordert Tuberkulose zusammen mit Malaria und HIV/AIDS bei den Infektionskrankheiten weltweit die meisten Opfer. Besonders Besorgnis erregend ist die zunehmende Zahl der herkömmlichen Medikamenten gegenüber resistenten Erregerstämme. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass weltweit bereits über 50 Millionen Menschen mit solchen multi-resistenten Stämmen infiziert sind. Der momentan eingesetzte Tuberkulose-Impfstoff BCG ("Bacillus-Calmette-Guérin") vermittelt keinen Schutz vor der häufigsten Form der Krankheit, der Lungentuberkulose bei Erwachsenen. Dringender denn je wird deshalb ein effizienter Tuberkulose-Impfstoff benötigt.

"Den einzigen schwachen Schutz vor TB bietet zur Zeit der BCG-Impfstoff, der seit 1921 eingesetzt wird", sagt der MPI-IB Direktor Professor Stefan H.E. Kaufmann. "BCG ist nachgewiesen sicher, jedoch leider nur sehr wenig wirksam und schützt nur gegen gewisse Formen der TB bei Kindern. BCG schützt hingegen überhaupt nicht gegen die Lungentuberkulose bei Erwachsenen." Die Forscher nehmen an, dass die Schutzwirkung von BCG so begrenzt ist, weil die BCG-Bakterien keine vollständige Immunantwort auslösen, die für die Kontrolle der TB eigentlich erforderlich wäre.

Ein kombiniertes Impfschema, das BCG mit dem neuen DNA-Impfstoff verbindet, könnte diese Hürde überwinden. Denn DNA-Impfstoffe liefern genetische Informationen direkt in die Zellen des Geimpften. Dadurch können die Zellen einen geeigneten und wirksamen Impfstoff selbst herstellen. Gleichzeitig geschieht die Verabreichung des Impfstoffes auf dem sichersten Weg: DNA-Impfstoffe lösen eine besondere Immunantwort aus, die mit traditionellen Impfstoffen nicht erreichbar ist, aber für die Bekämpfung von vielen bisher nicht behandelbaren Krankheiten, wie eben der Tuberkulose, benötigt wird.

Das vom MPI-IB und der MOLOGEN verfolgte Schema basiert auf einer Erstimpfung mit dem vorhandenen Impfstoff BCG, gefolgt von einer oder mehreren Folge-Impfungen mit dem MIDGE DNA-Impfstoff. Die erste Serie von Experimenten wird etwa 18 Monate andauern und zielt auf den Schutz vor Lungentuberkulose. Um den Ausbruch der Tuberkulose nach einer Infektion zu verhindern, muss eine komplexe zelluläre Immunantwort gegen den Erreger ausgelöst werden. Auf anderen Feldern konnte MOLOGEN bereits nachweisen, dass ihre DNA-Impfstoffe eine solche Immunantwort wesentlich effizienter als andere Impfstoffe stimulieren.

Professor Burghardt Wittig, Vorstandsvorsitzender der MOLOGEN AG, legt dar: "Aufgrund der erfolgreichen Experimente mit unserem DNA Impfstoff gegen den Leishmania-Parasiten erwarten wir, dass unsere Technologie auch vor den Tuberkulose verursachenden Bakterien schützen kann. Mit Professor Kaufmann und dem MPI-IB haben wir einen der führenden und angesehensten Partner für diese schwierige Aufgabe gefunden. Noch sind unsere Arbeiten im präklinischen Stadium, aber durch unsere Kooperation können wir den Wert des neuen Impfansatzes erheblich steigern. Tuberkulose ist eine nur unzureichend behandelbare Krankheit, ein wirksamer Impfstoff hätte also sowohl in Entwicklungs- als auch in Industrieländern ein beträchtliches kommerzielles Potenzial. Wenn unsere Versuchsreihe erfolgreich ist werden wir entscheiden, ob wir die Arbeiten gemeinsam mit dem MPI-IB fortführen, oder noch einen dritten Partner zur Finanzierung der Entwicklungsarbeit mit einbeziehen."

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